Von der „richtigen“ Entscheidung für eine kluge  Mandantenauswahl hängen in der Kanzlei viele andere Stellschrauben ab. Aus der Mandantenzusammenauswahl resultieren nicht nur die fachlichen Themen, mit denen die Kanzlei sich beschäftigen wird – auch die organisatorischen bis hin zu den Kommunikationsherausforderungen hängen von der Mandantenstruktur ab. Ganz zu schweigen vom Haftungspotential.

Daher sollten Sie die Frage, mit welchen Mandaten Sie zusammenarbeiten wollen, nicht dem Zufall überlassen.

 

Feld, Wald, Wiese – der Klassiker

Neulich hatte ich ein Erstgespräch mit einem Kanzleiinhaber, der sich für mein Kanzleientwicklungscoaching interessiert.

In diesem Rahmen gibt es immer einen Orientierungstermin von 1,5 bis 2 Stunden, bei dem wir individuell die aktuellen „Baustellen“ der Kanzlei abklären und uns dann gemeinsam überlegen, in welcher Reihenfolge wir sie angehen. Danach zoomen wir etwa alle 14 Tage eine Stunde. Für jedes Thema gibt es von meiner Seite Ideen, konkrete Lösungsvorschläge und Arbeitshilfen, die die Kanzlei in den folgenden 14 Tagen aufnimmt und bearbeitet. Die Erkenntnisse besprechen wir und so ergibt sich der ganz eigene Kanzleiweg in die Zukunft.
Genug der „Werbung“.

Bei dem besagten Gespräch fragte ich wie so oft, ob es in der Kanzlei eine Spezialisierung oder Schwerpunkte gäbe.„Nein, wir haben Mandanten „Querbeet“ war die – ebenso häufig gehörte – Antwort.Ohne im ersten Moment groß darüber nachzudenken, trug ich in die Mindmap – sie dient uns im Coaching als Fahrplan und Dokumentation – „BMW“ ein.

Für die ganz Jungen unter unseren Lesern: BMW steht für „Bäcker, Metzger, Wirte“ und ist der Begriff für: Wir haben viele eher kleine Mandanten aus verschiedenen Branchen.Ich habe diese Abkürzung sicher schon viele Male benutzt – diese Mal habe ich (endlich) gestutzt.

Bäcker, Metzger, Wirte – wirklich?

Mir ist bewusst geworden, dass ich kaum noch Kanzleien kenne, die wirklich mehrere Bäcker betreuen. Bei Metzgern sieht es ähnlich aus.Anders ausgedrückt: Die selbständigen Bäcker und Metzger sind aus dem Großstadtdschungel nahezu komplett verschwunden. Auf dem Land gibt es sie noch, aber auch wesentlich weniger als vorher … Auch hier werden die Backshops und Metzgereien in Rewe und Co von zumindest mittelgroßen Ketten betrieben. Es gibt Kanzleien, die sich auf Retailketten spezialisiert haben – meist dann größere Kanzleien.

Bleiben die Wirte – nicht erst seit Corona ein Fall für Spezialisten.

Neue Mandantenzusammensetzung beim „All-Rounder“

Das Thema „Spezialisierung ja oder nein“ hat uns hier im Blog schon beschäftigt:

Blogbeitrag: Charme der Spezialisierung

Blogbeitrag: Einfach nur Steuern

Danach ist Spezialisierung eine lohnende Alternative zum „Bauchladen“.
Sie senken Fortbildungsaufwand und die Prozesse sind leichter zu vereinfachen. Die Anzahl der von Ihren Mandanten angewendete Software wird übersichtlicher (damit verkleinert sich auch der Schnittstellenaufwand). Um nur einige Vorteile zu nennen.Ich will aber in diesem Blogbeitrag den Blick auf die Allrounder unter Ihnen richten.

Wenn für Sie die Spezialisierung zumindest aktuell noch kein Thema ist, stellt sich ja trotzdem die Frage nach der klugen Mandantenauswahl.In diesem Zusammenhang finde ich die Abkürzung mit drei Buchstaben durchaus weiter spannend.Die Frage ist dann: Wie wollen Sie die Abkürzung Ihrer eigenen Kanzlei modernisieren.

Die Basis - Ihre Mandantenzusammensetzung heute

Analysieren Sie ihre aktuelle Mandantenstruktur.

Mögliche Kriterien können sein:

  • Alter bzw. Alter der Kinder
  • Branche
  • Jahresumsatz/ Entwicklung
  • Gewinn (Deckungsbeitrag)
  • Jahreshonorar
  • Beratungsanteil Honorar
  • Digitalisierungsgrad
  • Neumandat
  • Rechtsform
  • Gewinnermittlungsart

 

Die Erkenntnisse – wo steckt das Potential

Sie können nun folgende Fragen konkret in Zahlen beantworten:

 

  • für wie viele Branchen müssen Sie in der Kanzlei Branchenwissen vorhalten?
  • Von welchen Branchen haben Sie die meisten, mehrere, nur einen Mandanten?
  • Mit welchen Mandanten davon machen Sie am meisten Gewinn?

 

Hand auf´s Herz: Könnten Sie diese Fragen aus dem Stehgreif jetzt klar beantworten?

Dann haben Sie meinen Respekt.

Die Entscheidung – welche „drei Buchstaben“?

Unsere Empfehlung: Konzentrieren Sie sich auf die drei Branchen , die in Ihrer Kanzlei schon einen gewissen Stellenwert haben.
Überlegen Sie für diese drei Branchen, wie die Zukunftsaussichten für die nächsten 5 Jahre aussehen.Dafür können Sie zum Beispiel Branchenanalysen der Banken oder auch den Job-Futuromat nutzen:

https://job-futuromat.iab.de

Dieser zeigt das Automatisierungspotential einzelner Berufe an – und damit die Gefahr des „Aussterbens“ bzw. einer Konzentrationswelle.Bäcker sind übrigens demnach zu 75 % automatisierbar – das zeigen die großen Ketten mit den automatisch geformten Brötchen ja schon eindrucksvoll nicht zuletzt in den Backshops.

Wie sieht Ihre kluge Mandantenauswahl, wie sehen Ihre 3 Buchstaben für die nächsten Jahre aus?

AGB   =  Architekten, Gerüstbauer und Bauträger?

HHH  = Handwerker, Hausverwaltungen und Handel mit Baustoffen?

Zu „eng“ – und Ihnen schon zu nah an der Spezialisierung?

BÄM = Bestatter, Ärzte und Masseure?

KHB  = Künstler, Handelsvertreter und Blumenläden?

Oder eben richtig spezialisieren:

WWW – Wirte, Wirte, Wirte

Die drei Buchstaben müssen keine Branchen sein:

GUS – Gründung, Umwandlung und Sanierung von Personengesellschaften

LLL = Immobilienunternehmen/ private Eigner (frei nach Lage, Lage, Lage 😉

Die Zukunft – Mandatsannahme steuern

Haben Sie Ihre drei Buchstaben gefunden, können Sie bei der Annahme von Neumandaten gezielter auswählen. Wollen Sie für einen vermeintlich „spannenden“ Mandanten wirklich ein ganz neues „Faß“ aufmachen?
Sie haben nun gute Kriterien für eine optimale Mandantenauswahl.
Die Konzentration gibt Ihnen nach und nach den Freiraum, sich für Ihre Schwerpunktmandanten spezielle Dienstleistungen zu überlegen.
Dabei müssen Sie ihre bereits bestehenden Mandanten, die nicht ins Buchstabenprofil passen, nicht sofort frei setzen. Sie verstärken einfach die Zielbereiche. Die nächste Frage ist dann: Woran merkt der Mandant, dass Sie speziell für ihn (seine Branche/ Rechtsform…) der/ die absolut richtige BeraterIn sind?

Das ist mal einen anderen Blogbeitrag wert – @Angela: Was für Dich?

Spoiler: Nie wieder Standard-BWA´s