30. Januar 2019 | Nur 23 % der Change Projekte in Deutschland werden erfolgreich abgeschlossen. Das Beratungsunternehmen Mutaree hat gerade seine 5. „Change-Fitness-Studie“ veröffentlicht. Sie untersucht wie es in Unternehmen gelingen kann Effizienz und Innovation zu verbinden – auf der einen Seite also das „Tagesgeschäft“ effizient abzuwickeln, auf der anderen Seite aber innovativ auf die Veränderungen durch Digitalisierung und Co zu reagieren.
Befragt wurden 368 Teilnehmer (Manager und Mitarbeiter). Hier die wichtigsten Antworten:
- 70 % der Befragten sind der Meinung, dass in den nächsten zwei Jahren deutlich mehr Zeit in Innovation investiert werden soll. Nur 30 % wünschen sich mehr Zeit für die Effizienzsteigerung.
- Nur 4 % halten ihr Unternehmen für „Top-Change-fit“, die meisten sehen an dieser Stelle deutlich Luft nach oben. Der wichtigste Grund aus Sicht der Befragten ist die Vielzahl der gleichzeitig verfolgten Change-Projekte (52%). Alte Strukturen (12 %) und fehlendes Change-Know-How der Führungskräfte (17 %) sind die nächsthäufig genannten Gründe.
Spannend ist an dieser Studie aus meiner Sicht besonders, dass sie nicht nur die Scheiterungsgründe beleuchtet, sondern auch die Frage nach den besten Sofort-Maßnahmen zur Verbesserung der „Change-Fitness“ stellt:
- Bessere Kommunikation 29 %
- Klare Ziele 25 %
- Change -Teams einführen 17 %
- Organisation verbessern 9 %
- Hierarchien abbauen 9 %
- Fehler nutzen 7 %
- Projektstandards einführen 4 %
Fazit: Über 50 % plädieren für bessere Information, Kommunikation und klarere Ziele …
Da diese Studie wie die meisten anderen Menschen aus dem Konzernumfeld befragt, ist bei der Übertragung der Ergebnisse auf unsere Branche sicher Vorsicht geboten.
Aus vielen Veränderungsprojekten in Kanzleien kann ich aber das meiste doch genau so bestätigen.
Viele Mitarbeiter sehen sich vom „wüsten Aktionismus“ der Chefs überfordert. Über den Sinn und die Ziele der Veränderung wird nicht immer klar kommuniziert. Die Zuständigkeiten sind unklar. Auch methodisch herrscht noch viel Unsicherheit in den Kanzleien.
Die aktuelle Situation:
Viele von Ihnen beschäftigen sich ziemlich intensiv mit den notwendigen Veränderungen. Sie besuchen entsprechende Veranstaltungen, lesen Bücher, tauschen sich mit Kollegen aus… Kurz: Sie machen sich ein Bild und überlegen dann, welche Veränderungen in Ihrer Kanzlei anstehen.
In einer „Rede ans Volk“ wird das aktuelle Veränderungsprojekt gestartet – gerne verbunden mit einem knackigen Ziel: „Bis Ende des Jahres wollen wir 80 % der Mandanten digital buchen.“
Dann wird gerade noch Fortbildung gebucht – oder Sie gehen davon aus, dass das alles ja eigentlich selbst erklärend ist. Und außderdem gibt es ja schon zwei Mitarbeiter, die ES können. Das müsste doch reichen…
Die Erfahrung mit solchen Projekten zeigt: Offenbar reicht das nicht. Obwohl fast jede Kanzlei, die ich kenne, das digitale Buchen „in die Breite“ bekommen will, gibt es Statistiken der großen Softwarehäuser, nach denen gerade mal 5 % der Kanzleien mehr als 20 Mandanten digital bearbeiten. Meine Erfahrung: Meistens verteilen sich diese Mandate auch noch auf wenige Mitarbeiter in der Kanzlei.
Im ersten Moment also vielleicht beruhigend, dass es anderen Kanzleien auch nicht gut gelingt, die mittlerweile allgemein als notwendig anerkannten Veränderungen „auf die Schiene“ zu bringen.
Aber dann doch eher ein schwacher Trost …
Was machen die Kanzlein anders, bei denen Veränderungsprojekte besser funktionieren?
1. Respekt – eben nicht „mit Links“
Solche Kanzleien haben einen gesunden Respekt vor Veränderungen. Sie sind sich darüber im Klaren, dass es Zeit, Investitionen und Überzeugungsarbeit kosten wird, die Veränderungen in der Kanzlei erfolgreich zu etablieren. Sie berücksichtigen das auch in der Kapazitätsplanung. Der anstehende Wandel geht eben nicht „mal eben on Top“. Dabei gejt es auch um die Anzahl der Projekte:
Unser Tipp: Suchen Sie sich e i n Projekt aus. Erst nach Abschluss dieses Projektes kommt das nächste an die Reihe.
2. Klare Ziele – den Nebel lichten
An vielen Stellen wissen wir heute noch nicht konkret wo uns die Digitalisierung hin führen wird. Die „Vision“ wie Ihre Kanzlei in 10 Jahren aussehen wird, fällt Ihnen daher schwer?
Halten Sie sich daher an die Dinge, die Sie schon wissen.
Die Stichworte:
- papierlose Zusammenarbeit mit Mandanten, Finanzamt und Co.
- Konzentration auf die vorgelagerten Prozesse des Mandanten in seinem Unternehmen (GoBD, Kassennachschau und digitale Betriebsprüfung)
- Schwerpunkt auf der Beratung statt auf der reinen Deklaration
Diese drei Entwicklungen stehen fest.
Und daraus können Sie durchaus handfeste Ziele für sich ableiten.
Unser Tipp: Beschränken sie das erste Ziel auf einen relativ kleinen, konkreten Schritt.
Beispiel: Suchen Sie sich einen Prozesschritt in der Kanzlei aus, der bisher noch mit Papier erledigt wird (z.B. Bescheidprüfung)
3. Kommunikation – Reden ist Gold
Erzählen Sie Ihren Mitarbeitern, wie Sie sich die ersten konkreten Schritte der Veränderung in der Kanzlei vorstellen. Und das nicht nur einmal – Sie haben sich mit dem Thema meist schon intensiv auseinandergesetzt. Geben Sie Ihren Mitarbeitern die Zeit, das auch tun zu können.
Unser Tipp: Das „Zukunfts-Sushi“ – jede Woche eine Viertelstunde das Neueste aus der digitalen Welt. Was tut sich bei Ihrem Softwarelieferanten? Welche coole App haben Sie entdeckt? Was hat bei einem Projekt diese Woche gut funktioniert?
Sagen Sie immer wieder, warum Sie sich für welche Veränderungen entschieden haben. Dabei geht es nicht um eine Rechtfertigung, aber sehr wohl um eine Erklärung und um das ernsthafte Einholen des Feedbacks Ihrer Mitarbeiter.
4. Professionelles Projektmanagement – klare Abläufe und Zuständigkeiten
Mit dem Ziel allein ist es nicht getan. Da Sie unmöglich die Projekte allein stemmen können, brauchen Sie Mitarbeiter, die in der Lage sind, als Projektleiter die notwendigen Schritte zu planen und zu steuern. Eine Ausbildung in Projektmanagement ist heute aus meiner Sicht mindestens genau so wichtig wie „Das neueste Steuerrecht zum Jahreswechsel“.
Unser Tipp: Suchen Sie sich eine Forbildung zum Projektmanagement aus, in der auch die neuen „agilen“ Methoden (Kanban, Scrum, …) zumindest vorgestellt werden.
5. Erfolge feiern – Fokus auf das Gelingen
Wir Deutschen sind ja als „Meckerer“ verschrien – und ein Bisschen was ist da wohl auch dran. Schnell liegt unser Augenmerk darauf, was alles nicht funktioniert. Tatsächlich weiß die Psychologie heute, dass wir aus unseren Erfolgserlebnissen mindesten so gut lernen wie aus unseren Fehlern.
Unser Tipp: Das „Digi-Tor des Monats“ – was hat diesen Monat auf Ihrem Weg in die Digitalisierung geklappt? Welcher Mandant konnte von den Vorteilen des digitalen Buchens überzeugt werden? …
Und los!