In diesem Blogbeitrag wird es um die „Kontaktpunktanalyse“ gehen. Keine Sorge, das hat eher nichts mit Parship und Co zu tun. Obwohl: Die Datev nennt ja Ihre neue Plattform auch „Anbahnungsplattform“ – ich finde man muss nicht immer alles englisch benennen, aber Anbahnungsplattform klingt für mich doch eher seltsam – eben ein Bisschen nach etwas anrüchiger Partnervermittlung.
Aber der Reihe nach: Was ist denn eigentlich nun diese Kontaktpunktanalyse? Ich gebe zu, das klingt auch nicht viel besser ;-)) Also lieber englisch: Touch Point Analyse.
In der Vergangenheit haben wir uns im Sinne des Qualitätsmanagements mit unseren internen Prozessen auseinandergesetzt. Das bleibt wichtig. Aber das reicht in der schönen neuen Welt nicht mehr aus.
Die meisten QM-Systeme, die ich in den Kanzleien sehe, sind auf genau einen Kunden ausgerichtet: das Finanzamt. Historisch war das ja auch sinnvoll. Da muss alles genau passen, alle Vorschriften sind für den Mandanten so zu erfüllen, dass er ruhig schlafen kann und von Seiten des Finanzamtes nichts zu befürchten hat.
Daran ändert sich auch in Zukunft nichts – im Gegenteil: die digitale Welt wird wohl nicht zu weniger Formvorschriften führen – ich sage nur GoBD und DSGVO …
Wenn wir aber zufriedene Mandanten haben wollen, geht es darum deren Erwartungen zu kennen und zu erfüllen soweit wir wollen und können – siehe auch unser Blogbeitrag zum aktiven Erwartungsmanagement.
In diesem Zusammenhang fällt dann gern schnell der Begriff „Wertschätzung“ oder „ganzheitliche“ Beratung oder „Service-Orientierung“. Schöne Begriffe. Die Frage ist für mich als Pragmatiker: Was heisst denn das nun konkret im Alltag bei unseren Prozessen?
Darum liebe ich die die Touch Point Analyse.
Das Vorgehen ist ganz einfach: Wir schauen uns an, bei welchen Prozessschritten der Mandant mit der Kanzlei in Berührung kommt. Dabei gibt es verschiedene Kontaktarten:
- persönlich
- telefonisch, per Mail, …
- Portal/ App, etc.
- Website, social media
- Auswertungen
- Videokonferenz
- Räume, Infrastruktur
Um nur die wichtigsten zu nennen.
Es gibt meist eine ganze Reihe von „Aha-Effekten“ wenn ich mit Kanzleien die Prozesse aus Sicht der Mandanten betrachte.
Folgende Geschichte zeigt was ich meine.
Ich hatte einen Termin bei einer Kanzlei, in die ich zum ersten Mal fuhr. Ein großes Bürogebäude an einer Schnellstrasse. Ich fahre in den Innenhof: 5 Parkplätze – ich war die sechste an dem Morgen. Hmm. Ich rufe in der Kanzlei an und die nette Sekretärin sagt zu mir: „Wir haben reservierte Parkplätze in der Tiefgarage. Sie müssen ums Haus fahren. Ich lasse Sie dann rein.“ Ok, gut zu wissen. Ich also ums Haus und finde auch die Tiefgarage. Innen hat nicht nur die Kanzlei eigene Parkplätze, sondern auch die anderen geschätzt 10 Mieter. Also eine Runde mit Argusaugen – die Schildchen sind aus dem Auto nur für Luchse wirklich gut zu erkennen. Endlich habe ich einen Parkplatz ergattert. So, wo ist denn nun der richtige Ausgang zur Kanzlei? Es gibt drei Ausgänge. Also zu Fuß noch mal durch die ganze Garage – murphys law: Natürlich ist es der letzte …
Sie ahnen auf welchen Prozess ich hinaus will? Bei der Mandatsannahme könnte man das wesentlich besser gestalten. Wie begeistert wird ein Neumandant dieser Kanzlei sein, wenn er erst eine Schnitzeljagd hinter sich bringen muss, um überhaupt anzukommen?
Eine Terminbestätigung mit einer „Ankomm-Anleitung“ ist kein Hexenwerk und kann den entscheidenden Unterschied machen. Ein großes Schild „Kundenparkplatz Kanzlei X“ einen weiteren. Kostet wenig und bringt Kundenzufriedenheit.
Mit der Touch Point Analyse können Sie genau an den Punkten „punkten“, an denen es darauf ankommt, den Kontakt mit der Kanzlei für den Mandanten so angenehm zu gestalten, dass er jedes Mal merkt, dass er sich genau für die richtige Kanzlei entschieden hat.
Bei Neumandanten geht es also tatsächlich darum, sich in die Kanzlei zu verlieben.
Bei bestehenden Mandaten geht es darum, sich immer wieder neu in die Kanzlei zu verlieben. Denn auch wenn das Sprichwort sagt: „Alte Liebe rostet nicht.“ Wenn die erste Leidenschaft verraucht ist, ist der Weg zur nächsten „Anbahnungsplattform“ heute ja nur einen Klick entfernt…
Vermeiden Sie den „Parship-Effekt“ indem Sie dafür sorgen, dass der Funke immer wieder überspringt.
Und los!