Haben Sie schon mal den Bachelor oder die Bachelorette gesehen? Keine Sorge, Sie müssen sich nicht outen, doch bei meinen folgenden Gedanken hilft es, wenn Sie das Prinzip kennen.
20 Kandidatinnen oder Kandidaten buhlen um die Gunst eines Junggesellen oder wie in der gerade zu Ende gegangenen Staffel einer Junggesellin. Und die Auserwählten erhalten eine Rose, die sie ablehnen (wie tatsächlich diesmal geschehen) oder annehmen können.
Mich zieht es manchmal in solche Trash-Formate rein und dann stelle ich mir vor, wie das mit anderen Akteuren aussehen könnte.
Vorhang auf: Stellen Sie sich vor, es gibt die Show “Mandanten-Herzblatt”
Ein attraktives Unternehmensmandat lässt 10 Steuerberater antanzen, die mit ihren Angeboten und Leistungen überzeugen sollen. Während der Geschäftsführer im Pool seinen Cocktail schlürft, lassen die Steuerberater ihre Muskeln spielen: wer zaubert die schönsten Rückstellungen, wer punktet mit dem gemilderten Niederstwertprinzip oder wer findet am schnellsten einen Bilanzierungsfehler.
Und dann am Abend der Rosen. Die Enttäuschung der Abgewiesenen, die beim Einsteigen in die Limousine seufzen “Hätte ich doch ein schickeres Deckblatt für meinen wundervollen Finanzbericht verwendet” oder “Ich habe die maximal mögliche Steuererstattung berechnet, was will er denn noch mehr?” oder “Ich bin doch so vertrauensvoll und verschwiegen, warum sieht er das nicht?”
Eine absurd lustige Vorstellung. Doch bei der After-Show Party kommt mein Aha-Moment: wenn der eine oder andere Kandidat zugibt, dass er so im Wettbewerbsgedanken gefangen war, dass es nur noch darum ging, die Rose zu bekommen und nicht mehr darum, ob man zusammenpasst und eine gemeinsame Zukunft vorstellbar ist.
Manchmal kommt es vor, dass wir – und da nehme ich mich nicht aus – eine Anfrage bekommen und im Eifer des Gefechts nehmen wir den Kunden sofort an. Und hinterfragen nicht, ob und wie er zu uns passt.
Damit Sie sich nicht in den falschen Kandidaten verlieben, finden Sie hier ein paar Fragen bzw. Kriterien, die Sie überprüfen können, bevor Sie die Rose des Mandanten annehmen. Und einfach weil ich gerade so im Sprach-Bild bin, die passende Herzblatt-Frage dazu 😉
- Fühle ich mich wohl dabei, diesen Interessenten meinen A-Mandanten als Geschäftspartner vorzuschlagen?
- Herzblatt-Frage: würde ich zwischen ihm und meiner Schwester ein Treffen arrangieren?
- Teilt dieser Mandant die gleichen Wertvorstellungen zu Ehrlichkeit, Teamarbeit usw?
- Herzblatt-Frage: Ist er höflich zu Kellnern und gibt er gutes Trinkgeld? Würde er im Bus einem älteren Menschen den Platz anbieten?
- Wäre dieser Mandant einer der ersten, den ich der örtlichen Presse als Interviewpartner empfehle, um über die Beziehung zwischen Mandant und Steuerberater Rede und Antwort zu stehen.
- Herzblatt-Frage: wären Sie stolz, die Beziehung zu diesem Mandanten der ganzen Welt zu verkünden
- Haben Sie ein gutes Gefühl dabei, Ihre Mitarbeiter mit diesem Mandanten und seinem Team zusammenarbeiten zu lassen? Auch in seinen Räumen?
- Herzblatt-Frage: Fühlen Sie sich bei ihm zu Hause genau so wohl wie bei sich? Würden Sie Ihre Freunde zu ihm mitbringen?
- Würden Sie diesen Interessenten zu sich nach Hause zum Abendessen einladen? Mit der ganzen Familie?
- Herzblatt-Frage: Mögen ihn meine Eltern? Was hält die Oma von ihm?
- Gibt es Chancen, die Beratungsleistungen im Laufe der Zeit zu erweitern? Über die klassischen Aufgaben hinaus?
- Herzblatt-Frage: wie sieht es mit Kindern aus?
Und meine Lieblings-Abschlussfrage – vermutlich brauchen Sie die anderen gar nicht mehr (bitte jetzt einen Tusch):
- Wenn Sie Ihre Kanzlei verkaufen und nur 5 Mandanten mitnehmen könnten? Wäre er einer davon?
- Herzblatt-Frage: Ist es wirklich der Traum-Prinz?
Natürlich muss nicht jeder Interessent alle Testfragen bestehen und Sie finden sicherlich die für Sie passenden Fragen. Doch es macht Sinn zu hinterfragen, ob man wirklich zusammenpasst.
Ich wünsche viel Spaß mit der eigenen Herzblatt-Liste und wenn bei Ihnen der nächste Mandant anfragt, denken Sie vielleicht an Rosen und schmunzeln.
Eine Antwort
Danke für diese wunderschön eingeleiteten Fragen, die immer mal wieder vergessen werden und von der „Angst“ vor Arbeitslosigkeit einen „anstrengenden“ Mandanten annehmen lassen.
•Fühle ich mich wohl dabei, diesen Interessenten meinen A-Mandanten als Geschäftspartner vorzuschlagen?
•Wenn Sie Ihre Kanzlei verkaufen und nur 5 Mandanten mitnehmen könnten? Wäre er einer davon?
Werden mich weiter begleiten ! DANKE !