Unternehmerwissen für Steuerberater & Steuerkanzleien

Beraten? Kein Problem – Beratung verkaufen? Na ja…

Beratung verkaufen - Wunsch und Wirklichkeit

Und ewig grüßt das Murmeltier 😉

Digitalisierung, Automatisierung und in Kürze die KI übernehmen 90% und mehr der wiederkehrenden Tätigkeiten. Und wenn die E-Rechnung einmal der durchgängige Dateistandard ist, dann macht sich die Buchhaltung quasi von selbst. Beraten statt Buchen lautet die Lösung.

Solche und ähnliche Aussagen liest und hörst Du vermutlich seit vielen Jahren in Artikeln und Vorträgen (unter anderem auch von uns). 

Zudem wird Steuerberaterinnen und Steuerberatern von Kammern, Verbänden und Softwareherstellern auch schon seit langer Zeit empfohlen, „neue“ Geschäftsfelder zu besetzen. Auch die verschiedenen Fachberater-Titel zielen darauf ab, dieser Entwicklung Rechnung zu tragen.

Zusammengefasst: Zu wahr um schön zu sein? Inzwischen sollte die Zunft eine blühende Beraterlandschaft sein, oder?

Wie sieht die Wirklichkeit aus? (Anwesende Leserinnen und Leser natürlich ausgenommen)

Oft findet man in Kanzleien die Beratungsleistungen immer noch ausschließlich in der Leistungserfassung – im Rechnungsausgangsbuch sucht man sie vergebens.

Wenn Du mit Deiner Kanzlei einen offen ausgewiesenen Umsatzanteil von mehr als 10 % ausweist, bist Du die absolute Ausnahme.

Beratung wahrnehmbar machen

Beratung verkaufen - meistens unter dem Radar

Aber warum tun sich viele Steuerberater damit so schwer? Denn nach unserer Erfahrung beraten viele Kolleginnen und Kollegen ausgiebig, mit viel Zeitaufwand und machen sich viele Gedanken zum Thema Haftung.

Häufig wird aber die Messlatte dafür, was als „Beratung“ im Sinne einer abrechenbaren Leistung gelten darf, sehr hoch gelegt: Unterhalb der kompletten Unternehmensnachfolge oder der kompletten Umstrukturierung eines Unternehmens wird meistens gar nicht von  „Steuerberatung“ gesprochen.

Zu welchem Effekt das führen kann? Nun: Dass Du und auch Deine Mitarbeiter manchmal selbst nicht mehr wahrnehmen, an wie vielen Stellen im Alltag Mandanten Beratung zuteil wird. Wenn Du aber selbst Deine Tipps und Warnungen für den Mandanten nicht als Beratung ansiehst, sondern als Teil der Fibu, der Bilanz  oder der Einkommensteuer, ist es eigentlich kein Wunder, wenn auch Deine Mandanten ganz selbstverständlich davon ausgehen, dass solche Beratungen inklusive sind.

Im ersten Schritt auf dem Weg in die echte Beraterkanzlei geht es also darum, Beratung für den Mandanten auf den Schirm zu bringen.

Wo hört Deklaration auf - wo fängt Beratung an?

Ein Beispiel: Dein Mandant ist Holzgroßhändler und importiert auch Holz aus dem Ausland. Im Rahmen einer Lieferung  kommt die Frage nach der Einfuhrumsatzsteuer auf. Gerne auch dann, wenn der Laster mit der Lieferung schon bei Deinem Mandanten auf dem Hof steht. Dann sollst Du oder Deine Mitarbeiter „mal eben“ eine schnelle Antwort geben…

Buchführung oder Beratung?

Ein kleiner Entscheidungsleitfaden

Aus unserer Sicht gibt es zwei Grundsätze für die Definition von Beratung:

  • Eine Beratung findet immer bei solchen Sachverhalten statt, die nicht bei jedem Mandanten vorkommen.
    Beispiel: Das Thema Kasse. Nicht jeder Mandant arbeitet mit Bargeld. Wenn er aber mit Bargeld zu tun hat, ergibt sich eine Fülle von Regelungen und Fallstricken, die er zu beachten hat.
    Du wirst für diesen Mandanten ziemlich sicher mehr Zeit aufwenden, als Du es für einen Mandanten ohne Bargeldberührung tust – evtl. auch verbunden mit einem höheren Haftungsrisiko.
    Daher ist alles, was mit Kassenführung zu tun hat, Beratung. Dir fallen sicher noch eine ganze Reihe von ähnlich gelagerten Beispielen ein: Von Auslandssachverhalten über Subunternehmer bis hin zu Grenzgängern im Lohn. Uns  geht es hier zunächst nur um die Wahrnehmung. Die Frage des Honorars behandeln wir an anderer Stelle.
    Solange Du und insbesondere Deine Mitarbeiter dies nicht als Beratung wahrnehmen, wird der Mandant es erst recht nicht tun. Wie so oft geht es also im ersten Schritt nicht darum, den Mandanten zu überzeugen, sondern vielmehr sich selbst und die Mitarbeiter für das Thema zu sensibilisieren.
  • Eine Beratung fängt immer dann an, wenn der Mandant eine Entscheidung treffen muss.
    Beispiel: Das Thema Pkw. Hier gibt es eine Reihe von Entscheidungen, die getroffen werden müssen:  Kauf oder Finanzierung, Privat- oder Betriebsvermögen, Fahrtenbuch oder 1 %-Regelung – um nur die wichtigsten zu nennen. Die Entscheidung darüber, wie der Pkw steuerlich behandelt werden soll, liegt aber letztlich beim Mandanten. Und voila: Schon wieder ein Fall der klassischen Beratung.
    Und? Hast Du Deinen Mandanten das schon einmal berechnet? Selbst wenn er im Gegensatz zu anderen Mandanten drei oder vier Autos im Betriebsvermögen hält?
    Auch hier geht es uns im ersten Schritt um die Wahrnehmung: Wenn Du davon ausgehst, dass diese Beratung ganz selbstverständlich zur Buchführung gehört, wird Dein Mandant das genauso sehen.

Operative und strategische Beratung

Das, was wir gerne die „große“ strategische Steuerberatung nennen, betrifft grundlegende Entscheidungen des Mandanten. Von der Existenzgründung bis zur Unternehmensnachfolge gibt es ein weites Feld, auf dem Du Dich als Berater tummeln kannst.

Die große Steuerberatung zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht zwangsläufig bei jedem Mandanten vorkommt. Sie zeichnet sich weiterhin dadurch aus, dass sie häufig sehr anspruchsvoll und umfangreich – und dadurch auch mit hohem Honorar -verbunden ist. Nicht zuletzt ist natürlich auch erforderlich, dass Du bei dem Thema fest im Sattel sitzt. Nicht umsonst bilden sich bei diesen Themen Spezialisten heraus.

Mandanten geben bei Umfragen immer wieder an, dass sie aktiv beraten werden wollen. Bedeutet dies nun, dass Du Deine Mandanten genau mit diesen großen Themen „bombardieren“ sollst? Die Erfahrung lehrt, dass Mandanten auf „Akquise-Tätigkeiten“, die diese Themen betreffen, eher verhalten reagieren.

Was Mandanten tatsächlich meinen, wenn sie von aktiver Beratung sprechen, ist das, was wir die „kleine“ Steuerberatung oder auch die „Alltagsberatung“ nennen: Der „durchschnittliche“ Mandant will eben gar nicht jedes Jahr sein Unternehmen umstrukturieren oder über seine Nachfolge nachdenken. Aber er muss sich mit den ganz kleinen, alltäglichen Problem herumschlagen. Dabei möchte er von Dir unterstützt werden.  Das Thema „Betriebsprüfungsprophylaxe“ ist beispielsweise immer ein Dauerbrenner.

Der Mandant „bucht“ Dich als Risikomanager! Er möchte nicht jeden Tag angerufen werden. Er möchte auch nicht jeden Monat die BWA lesen. Was er möchte ist, dass Du bzw. Deine Mitarbeiter die BWA lesen und ihn dann ansprechen, wenn Handlungsbedarf besteht.

Und um den Bogen zur Digitalisierung zu schlagen: Auch Dein Mandant kämpft mit den Folgen all der aktuellen Entwicklungen. Hier bietet sich für Dich eine gute Möglichkeit, sich als echter „Alltagsbegleiter“ Eurer Mandanten zu beweisen.

Fazit

Egal ob kleine oder große Steuerberatung: Ohne die Wahrnehmung in der Kanzlei wird Dir der Verkauf Eurer Beratungsleistungen an den Mandanten immer schwerfallen.

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