Bei einem Honorarcoaching diese Woche (online natürlich) sagte der Steuerberater:
„Ich weiß auch nicht – ich glaube ich brauche ein Mittel gegen Honorar-Demenz.“
Es ging um eine konkrete Beratungssituation. Eine Mandantin mit mehreren Immobilien hatte angefragt, wie sie ihr Vermögen besser strukturieren könne. Sie war wohl auf einer Veranstaltung, bei der mehrere „optimale Steuermodelle“ vorgestellt wurden.
Sie sprach von Stiftung, Genossenschaft, Vermögensverwaltender Irgendwas-Gesellschaft …
Das üblich gesunde Halb-Wissen.
„Und,“ berichtete der Kollege dann weiter, „natürlich hat mich das angepiekt – auch in meiner Ehre. Also bin ich eingestiegen und habe erzählt, und erzählt, … Die Lösung für diesen Fall war mir fast sofort klar (es handelte sich ja schließlich um ein bestehendes Mandat).“
Es kam wie es kommen musste: Der Kollege hat die Lösung präsentiert.
„Und dann hab ich die Honorarfrage ganz vergessen.“
Eigentlich doch eine gute Situation oder? Die Mandantin fragt von sich aus Beratung an.
Keine mühsame Akquise, keine Werbung auf facebook und Co. – kurz: ein Traum.
Wie schaffen Sie es diesen Traum dann auch zu leben?
Es gibt zwei Sorten von Kriminalgeschichten:
Die meisten Krimis sind nach dem „Miss Marple-Prinzip“ gestrickt. Und das hat einen guten Grund. Denn die Mehrheit der Menschen verliert nach der Lösung das Interesse.
Und nur der phantastischen Figur von Columbo gelingt es, uns am Haken zu halten.
Ich sage jetzt nicht, dass Sie sich einen alten Regenmantel besorgen sollen, damit Ihre Mandanten Honorar bezahlen, um Ihnen nach der bereits präsentierten Lösung an den Lippen zu hängen, während Sie ihnen verraten mit welchen brillanten Gehirnwindungen Sie die Lösung hergeleitet haben.
Obwohl – wäre mal ein spannendes Experiment ;-
Als Berater sind Sie Lösungsorientiert. Und als erfahrener Berater wissen Sie schnell, wohin die Reise geht. Gut.
Warum wissen Sie das? Weil Sie:
Sozusagen ein Lösungs-Leistungssportler. Und eben eher „Columbo“ als „Poirot“.
Es gilt den Reflex: Mandant fragt – StB antwortet (sofort mit der Lösung) zu durchbrechen.
Seien Sie Miss Marple oder Hercule Poirot. Machen Sie es v o r der Lösung spannend.
Hand auf´s Herz: Gerade wenn ein Mandant mit Ideen von außen kommt (Impulse und Co, Bankveranstaltungen, nicht zuletzt im Moment die neuen „Steuer-Gurus“) fühlen Sie sich im Wettbewerb oder? Sie wollen demonstrieren, dass Sie locker mit halten können. Der Mandant will Sie sicher „testen“…
Wie können Sie also Ihre Kompetenz zeigen ohne sofort die Lösung zu verraten?
Das hilft Ihnen zum einen über den ersten Impuls „Hurra, ich habe die Lösung schon!“ hinwegzukommen. Zum anderen wird klarer, ob der Mandant „nur mal so fragen oder testen“ wollte, oder ob er ernsthaft eine Beratung wünscht.
Kurz: geben Sie Ihrem Mandanten das Gefühl, dass er Ihnen die Suche nach der Lösung (Gott sei Dank nicht nach dem Mörder) anvertrauen kann.
Wenn Sie uns schon etwas kennen, wissen Sie, dass wir als Kanzleioptimisten – und in diesem Fall besonders ich als bekennende Honoraroptimistin – ein Fan von klar definierten Beratungsprodukten sind. Wir sind aber auch pragmatische Realisten – Sie werden kaum Zeit haben „mal eben“ alle Beratungsfälle, die da kommen können, in klare Produkte mit klaren Preisen zu packen.
Und als Ruhrgebietler sage ich: Muss auch nich!
Der perfekte Fall ist natürlich: Sie haben die Immobilienberatung (z. B. die Investition in ein MFH) bereits als Prozess in der Kanzlei durchdacht und dokumentiert. Haben zu jedem Arbeitsschritt entsprechende Checklisten und Tools und im allerbesten Fall eine(n) Mitarbeiter(in) mit der Kompetenz zur zumindest teilweisen Übernahme einzelner Beratungsschritte.
Dann könnte die entspannte Antwort auf die Frage nach der Beratung so aussehen:
„Um diese Fragestellung zu klären, werden wir folgendermaßen vorgehen:“
Es folgt eine kurze Erläuterung der max. 4 wichtigsten Beratungsschritte.
Eigentlich immer dieselben 😉
Und wenn Ihr Mandant nach dem Preis fragt, haben Sie auch den schon „zur Hand“ weil schon kalkuliert:
„Der Preis hängt vom Gegenstandswert ab (z. B. Kaufpreis MFH). X Prozent/ Promille … (muss für Sie im Kopf rechenbar sein).
Sie haben (noch) kein „Produkt“ – und auch noch keinen Preis, den Sie konkret nennen können.
Ihre Antwort:
„Insgesamt eine interessante Fragestellung – ich überlege mir wie wir das am besten angehen und melde mich.“ (realistischer Termin)
Für die Preisfrage gibt es vordefinierte Gegenstandswerte mit Standard-Beratungshonoraren.
Immobilienberatung: Kaufpreis/ 12 – 15 x Jahresrohmiete (im Gespräch schnell zu erfragen bzw. der Kanzlei bekannt)
„Das Honorar ist abhängig vom Wert der Immobilie – wenn ich mich wegen der Vorgehensweise melde, nenne ich Ihnen natürlich auch den Preis / Ihre Investition. “
Es ist wie im richtigen Leben – gegen Demenz hilft am besten Gedächtnistraining. Dafür müssen Erinnerungen wieder heraus gekramt werden.
Dafür muss es aber grundsätzlich Erinnerungen geben.
Schaffen Sie sich Ihre Erinnerungen an das Honorar indem Sie aufschreiben, welches Honorar in welcher Form Sie für welche Beratung haben wollen.
Und mein ganz spezieller Tipp: Statt relativ durchschaubarer Krimi-Serienkost – Lösung immer innerhalb von 45 Minuten – lesen Sie mehr klassische Who Dunnits 🔪🧪🔫