Bei einem Honorarcoaching diese Woche (online natürlich) sagte der Steuerberater:

Ich weiß auch nicht – ich glaube ich brauche ein Mittel gegen Honorar-Demenz.

Es ging um eine konkrete Beratungssituation. Eine Mandantin mit mehreren Immobilien hatte angefragt, wie sie ihr Vermögen besser strukturieren könne. Sie war wohl auf einer Veranstaltung, bei der mehrere „optimale Steuermodelle“ vorgestellt wurden.

Sie sprach von Stiftung, Genossenschaft, Vermögensverwaltender Irgendwas-Gesellschaft …

Das üblich gesunde Halb-Wissen.

Und,“ berichtete der Kollege  dann weiter, „natürlich hat mich das angepiekt – auch in meiner Ehre. Also bin ich eingestiegen und habe erzählt, und erzählt, … Die Lösung für diesen Fall war mir fast sofort klar (es handelte sich ja schließlich um ein bestehendes Mandat).

Es kam wie es kommen musste: Der Kollege hat die Lösung präsentiert.

Und dann hab ich die Honorarfrage ganz vergessen.

Angebot ist nicht gleich Lösung

Eigentlich doch eine gute Situation oder? Die Mandantin fragt von sich aus Beratung an.

Keine mühsame Akquise, keine Werbung auf facebook und Co. – kurz: ein Traum.

Wie schaffen Sie es diesen Traum dann auch zu leben?

Es gibt zwei Sorten von Kriminalgeschichten:

  • Der klassische „Who Dunnit“ – repräsentiert insbesondere durch Agatha Christie. Ihre berühmtesten Detektive Miss Marple und Hercule Poirot (der Belgier!) stehen vor (mindestens) einem Mord und müssen den oder die Täter herausfinden. Der Leser kann mit rätseln, denn auch er weiß nicht, wer es war. Spannend – nie werde ich das erste Mal vergessen, als ich den „Mord im Orient-Express“ gelesen habe – und nie wäre ich darauf gekommen, dass es alle waren.
  • Der „How is it solved” – bei dem der Leser oder Zuschauer weiß, wer der Mörder ist. Er schaut dem Detektiv dabei zu, wie dieser den Fall löst. Der berühmteste Vertreter ist Inspektor Columbo. Auch das ist spannend. Ein psychologisches Katz- und Maus-Spiel zwischen Mörder und Detektiv.

Die meisten Krimis sind nach dem „Miss Marple-Prinzip“ gestrickt. Und das hat einen guten Grund. Denn die Mehrheit der Menschen verliert nach der Lösung das Interesse.

Und nur der phantastischen Figur von Columbo gelingt es, uns am Haken zu halten.

Ich sage jetzt nicht, dass Sie sich einen alten Regenmantel besorgen sollen, damit Ihre Mandanten Honorar bezahlen, um Ihnen nach der bereits präsentierten Lösung an den Lippen zu hängen, während Sie ihnen verraten mit welchen brillanten Gehirnwindungen Sie die Lösung hergeleitet haben.

Obwohl – wäre mal ein spannendes Experiment ;-

Lösungsorientierung in den Genen – der Reflex

Als Berater sind Sie Lösungsorientiert. Und als erfahrener Berater wissen Sie schnell, wohin die Reise geht. Gut.

Warum wissen Sie das? Weil Sie:

  • Ausgebildet und permanent fortgebildet sind = Wissen
  • Schon mehrere Beratungen hinter sich haben = Erfahrung
  • Sie jeden Tag im „Lösung“ finden gefordert werden = Training

Sozusagen ein Lösungs-Leistungssportler. Und eben eher „Columbo“ als „Poirot“.

Es gilt den Reflex: Mandant fragt – StB antwortet (sofort mit der Lösung) zu durchbrechen.

Seien Sie Miss Marple oder Hercule Poirot. Machen Sie es v o r der Lösung spannend.

Kompetenz demonstrieren – Lösung portionieren

Hand auf´s Herz: Gerade wenn ein Mandant mit Ideen von außen kommt (Impulse und Co, Bankveranstaltungen, nicht zuletzt im Moment die neuen „Steuer-Gurus“) fühlen Sie sich im Wettbewerb oder? Sie wollen demonstrieren, dass Sie locker mit halten können. Der Mandant will Sie sicher „testen“…

 

Wie können Sie also Ihre Kompetenz zeigen ohne sofort die Lösung zu verraten?

 

  • Loben Sie den Mandanten, dass er sich Gedanken gemacht hat, und nun zu Ihnen kommt, um eine Lösung zu erarbeiten.
  • Fragen Sie nach wie und was der Mandant konkret zu dem Thema weiß und denkt.
  • Fragen Sie ihn nach seinen Zielen.

 

Das hilft Ihnen zum einen über den ersten Impuls „Hurra, ich habe die Lösung schon!“ hinwegzukommen. Zum anderen wird klarer, ob der Mandant „nur mal so fragen oder testen“ wollte, oder ob er ernsthaft eine Beratung wünscht.

 

  • Erwähnen Sie immer (!), dass es mehrere Möglichkeiten gibt die Ziele zu erreichen Und dass es auf die individuellen Gegebenheiten des betreffenden Mandanten ankommt. Und dass neben den „Steuern“ auch andere Aspekte eine Rolle spielen.
  • Skizzieren Sie kurz die Entscheidungskriterien (ohne die Entscheidung zu nennen).

 

Kurz: geben Sie Ihrem Mandanten das Gefühl, dass er Ihnen die Suche nach der Lösung (Gott sei Dank nicht nach dem Mörder) anvertrauen kann.

Angebot mit Vorbereitung – die selbst geschaffene Komfortzone

Wenn Sie uns schon etwas kennen, wissen Sie, dass wir als Kanzleioptimisten – und in diesem Fall besonders ich als bekennende Honoraroptimistin  – ein Fan von klar definierten Beratungsprodukten sind. Wir sind aber auch pragmatische Realisten – Sie werden kaum Zeit haben „mal eben“ alle Beratungsfälle, die da kommen können, in klare Produkte mit klaren Preisen zu packen.

Und als Ruhrgebietler sage ich: Muss auch nich!

 

Der perfekte Fall ist natürlich: Sie haben die Immobilienberatung (z. B. die Investition in ein MFH) bereits als Prozess in der Kanzlei durchdacht und dokumentiert. Haben zu jedem Arbeitsschritt entsprechende Checklisten und Tools und im allerbesten Fall eine(n) Mitarbeiter(in) mit der Kompetenz zur zumindest teilweisen Übernahme einzelner Beratungsschritte.

Die entspannte Antwort

Dann könnte die entspannte Antwort auf die Frage nach der Beratung so aussehen:

Um diese Fragestellung zu klären, werden wir folgendermaßen vorgehen:

Es folgt eine kurze Erläuterung der max. 4 wichtigsten Beratungsschritte.

Eigentlich immer dieselben 😉

  1. Fragebogen für Ist-Analyse
  2. erstes Beratungsgespräch: Klärung der Ziele des Mandanten + weitere Sachverhaltsaufklärung
  3. Auswertung und Ermittlung der verschiedenen Möglichkeiten (in der Kanzlei ohne Md)
  4. Entscheidungsgespräch mit Mandant und Besprechung der Umsetzung (zusätzlicher Auftrag)

Und wenn Ihr Mandant nach dem Preis fragt, haben Sie auch den schon „zur Hand“ weil schon kalkuliert:

 „Der Preis hängt  vom Gegenstandswert ab (z. B. Kaufpreis MFH). X Prozent/ Promille … (muss für Sie im Kopf rechenbar sein).

Angebot ohne Vorbereitung – im Wartesaal zur Komfortzone

 

Sie haben (noch) kein „Produkt“ – und auch noch keinen Preis, den Sie konkret nennen können.

 

Ihre Antwort:

 

Insgesamt eine interessante Fragestellung  – ich überlege mir wie wir das am besten angehen und melde mich.“ (realistischer Termin)

 

 

Für die Preisfrage gibt es vordefinierte Gegenstandswerte mit Standard-Beratungshonoraren.

Immobilienberatung: Kaufpreis/ 12 – 15 x Jahresrohmiete (im Gespräch schnell zu erfragen bzw. der Kanzlei bekannt)

 

Das Honorar ist abhängig vom Wert der Immobilie – wenn ich mich wegen der Vorgehensweise melde, nenne ich Ihnen natürlich auch den Preis / Ihre Investition. “

 

Das Mittel gegen Honorar-Demenz

Es ist wie im richtigen Leben – gegen Demenz hilft am besten Gedächtnistraining.  Dafür müssen Erinnerungen wieder heraus gekramt werden.

Dafür muss es aber grundsätzlich Erinnerungen geben.

 

Schaffen Sie sich Ihre Erinnerungen an das Honorar indem Sie aufschreiben, welches Honorar in welcher Form Sie für welche Beratung haben wollen.

 

Und mein ganz spezieller Tipp: Statt relativ durchschaubarer Krimi-Serienkost – Lösung immer innerhalb von 45 Minuten – lesen Sie mehr klassische Who Dunnits 🔪🧪🔫