Gerade im Bereich der Beratungsdienstleistungen fällt vielen Kollegen die Kalkulation schwer.
Wir haben hier im Blog ja auch schon das „Value-Pricing“ – also die Kalkulation nach Nutzen und Werten favorisiert. Und wir haben uns schon immer gegen die Abrechnung nach Stunden ausgesprochen.
Ich wiederhole mich hier gern: Sogar die – von uns ansonsten nicht geliebte 😉 – StBVV ist so aufgebaut, dass Beratungsleistungen grundsätzlich nach Gegenstandswert abzurechnen sind (§ 10 StBVV). Nach Zeit darf dagegen nur in geregelten Ausnahmefällen oder bei fehlenden Anhaltspunkten für einen Gegenstandswert abgerechnet werden.
Ich erlebe im Honorar-Coaching immer wieder die Scheu tatsächlich angemessen und nach Wert abzurechnen.
Das hat nach meiner Erfahrung insbesondere drei Gründe:
- Aufwandsdenken in Stunden
In den meisten Köpfen hat sich die „Stunde“ als Aufwandsfaktor fest gesetzt. Verständlich – ist es doch die Einheit, die wir erfassen und „greifen“ können. Lange haben sich die Steuerberater gegen die Zeitaufschreibung gewehrt (ja, besonders die Chefs). Nun hat sie sich doch ziemlich durchgesetzt – mit dem Nachteil, dass die „verbrauchten“ Stunden mit entsprechendem Stundensatz jetzt in den Köpfen der Kollegen die „Obergrenze“ für ein angemessenes Honorar fest legen. Damit begrenzt der Aufwand das Honorar.Tipp: Dieser Aufwand sollte aber immer die U n t e r g r e n z e sein. Mindestens die verbrauchte Zeit mit einem angemessenen Stundensatz (in den Gemeinkosten enthalten sind) muss jeder Auftrag bringen. Aus meiner Sicht sollte in Ihrem Stundensatz auch zusätzlich ein Unternehmerlohn eingerechnet sein (Mindestens 150.000 € p. a.).
Und bei der Schätzung der Zeit bei der Kalkulation sollten Sie immer mit 20 % Sicherheitszuschlag arbeiten.
Den Preis sagen Sie Ihrem Mandanten – billiger darf es nachher immer noch werden. Höher kommen Sie nach der ersten Nennung des Preises kaum. - fehlende Fantasie für den „richtigen“ Gegenstandswert
Ich höre oft: Bei dieser Dienstleistung gibt es einfach keinen „Wert des Interesses“ wie es juristisch so schön heisst.
Doch! Es gibt bei fast immer einen Gegenstandswert. Die Kunst liegt hier insbesondere darin, einen Gegenstandswert zu finden, der für Ihren Mandanten gut nachzuvollziehen ist.
Negativbeispiel aus der StBVV ist die Gegenstandsberechnung für die Bilanzerstellung. Für einen Mandanten schlicht überhaupt nicht nachvollziehbar – fragen Sie übrigens mal Ihre Mitarbeiter, ob sie das auswendig berechnen können… ;-)Hier mal ein paar Beispiele aus meinem Fundus:Immobilien Kaufpreis, Marktwert, stl. Anschaffungskosten KFZ Kaufpreis Rechtsformberatung Stammkapital Finanzierungsberatung Finanzierungsbedarf, Kreditsumme Lohnfragen Jahreslohnsumme
Dann geht es nur noch darum, das gewünschte Honorar in Prozent des Gegenstandswertes auszudrücken und – Voilá – Ihr Honorar steht.
- Der Grundgedanke: Bloß nicht zu teuer
Verstehen Sie mich bitte nicht miss: Es geht mir beileibe nicht darum, dass Sie Ihre Mandanten „abzocken“. Aber es geht darum Ihre gute Arbeit – die ist natürlich immer die Basis des Honorars – auch angemessen bezahlt zu bekommen.
Viele Kollegen sagen immer wieder: Meine Mandanten wollen Beratung, aber maximal billig – möglichst kostenlos.
Ich habe diese Erfahrung nicht gemacht – aber gehen wir mal davon aus, es würde stimmen.
Na und? Das Leben ist kein Ponyhof: Wollen kann ich viel. Das heisst ja nicht, dass ich es auch bekomme. Der Versuch die Beratung kostenlos zu ergattern ist nicht strafbar – aber es ist eben ein Versuch.
Ob Ihr Mandat damit durch kommt liegt einzig und allein an Ihnen 😉
Und da scheint es doch vielen von uns am notwendigen Selbstbewusstsein zu fehlen. Ich will – und kann – da nicht tiefenpsychologisch werden …Tipp: Mir hat immer folgende Haltung geholfen: Ich berate Dich gern. Dafür gibt es ein faires Honorar. Wenn Du die Beratung zu diesem Preis nicht möchtest, akzeptiere ich das. Dann bekommst Du die Beratung aber auch nicht.Das Beispiel dazu kommt aus der „realen“ Welt: Wenn ich einen Joghurt kaufen will, muss ich den nehmen, den ich mir leisten will und kann. Für 29 Cent gibt es halt keinen Sahnejoghurt – Punkt.
Um diese Haltung zu unterstützen hilft es, sich bei der Honorarfindung ein paar Fragen zu stellen:
- Welchen Nutzen hat Ihr Mandant?
- Wie hoch sind die Kosten/ wie schlimm sind die Konsequenzen, wenn das Problem Ihres Mandaten nicht gelöst wird?
- Gibt es echte Konkurrenz bei dieser Beratung? (Ein anderer Berater müsste sich ja komplett neu einarbeiten)
- Wie kalkuliert Ihr Mandant in seinem Unternehmen? Wie sehen dort Preisverhandlungen aus?
John Ruskin hat es in seinem „Gesetz der Wirtschaft“ wunderbar ausgedrückt:
Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht jemand ein wenig schlechter machen und etwas billiger verkaufen könnte. Und die Menschen, die sich nur am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher Machenschaften.
Es ist unklug zuviel zu bezahlen, aber es ist genauso unklug zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zuviel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Bezahlen Sie dagegen zu wenig, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann.
Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten … Das funktioniert nicht. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das eingegangene Risiko etwas hinzurechnen. Wenn Sie das aber tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für etwas Besseres zu bezahlen.
Dem ist einfach nichts hinzuzufügen.
4 Antworten
Hallo Herr Sander,
grundsätzlich sollte der Mandant immer vor der Beratung wissen, was es kosten wird. Es gibt natürlich Beratungen, die wider Erwarten „explodieren“. Oder bei denen Sie schlicht vergessen haben über den Preis zu reden. Oder es handelt sich um eine zwar sehr kurze, aber extrem wertvolle Antwort.
Ich hatte mal so einen Fall: Eine Testamentssache. Eltern, drei Kinder, davon eines behindert. Es ging darum, den Verlust des Familienwohnheims an den Träger des Heimes zu vermeiden.
Lösung schnell gefunden bzw. erst mal die Sensibilisierung hergestellt. Also zwei Telefonate von ca. je 20 – 30 Min.
Da habe ich tatsächlich dann die Frage so gestellt: „Jetzt weiß ich ehrlich gar nicht, was ich Ihnen berechnen soll.“ Die Mandantin hat deutlich mehr gesagt, als ich mich jeh getraut hätte, abzurechnen.
Entscheidend ist nach meiner Erfahrung dabei das Timing: Die Frage muss auf den Punkt dann kommen, wenn der Mandant den Nutzen gerade konkret sieht.
Danke für die Frage.
Mit optimistischen Grüßen
Cordula Schneider
Wie wäre es, den Mandanten einmal selber zu fragen, was ihm eine erfolgreiche Beratung zu seinem Thema / seiner Frage wert wäre. Und damit mit Blick darauf, was eine erfolgreiche Beratung ihm in seinem Unternehmen bringen würde? Könnte es sein, dass der genannte „Wert“ manches mal höher wäre als die erste „Preis“-/Honorar-Vorstellung des Beraters?
Liebe Frau Daute,
Kommunikation ist d e r Erfolgsfaktor bei so vielen Dingen. Machen wir nächste Woche schon mal die wichtigsten Punkte mit. Kann aber natürlich keine grundsätzliche Schulung ersetzen.
Freu mich drauf.
Cordula Schneider
Liebe Frau Schneider,
Sie treffen mit Ihrem Beitrag wieder einmal den Nagel auf den Kopf.
Der Ansatz dem Mandanten den Nutzen der Beratung aufzuzeigen und den Preis im Vorhinein zu verhandeln bedarf schon eines gewissen Selbstvertrauens. Ich selbst bin der Meinung, dass eine Schulung in Kommunikations- und Verhandlungstechniken hier im Berufsstand Not tut.