Wie hat Ihre Jahresplanung 2020 ursprünglich ausgesehen, als das Jahr noch hoffnungsfroh und virenfrei war? In vielen Kanzleien, die wir kennen, ein ähnliches Bild: quantitativ werden linear beim Umsatz / Deckungsbeitrag / Gewinn 5 bis 10% Wachstum angesetzt, qualitativ 2 bis 3 Projekte ins Auge gefasst – heutzutage meistens mit Bezug zur Digitalisierung und Marketing zur Mitarbeitergewinnung.
Im Jahresgespräch mit den Mitarbeitern werden die daraus abgeleiteten Ziele auf den oder die Einzelne heruntergebrochen. In Sachen Umsatz / Deckungsbeitrag kommt dann der Faktor 3 ins Spiel, an dem die Produktivität des Mitarbeiters und der Beitrag zur Zielerreichung gemessen wird (zum Thema „Wieviel Umsatz pro Mitarbeiter in der Kanzlei“ finden Sie in Cordulas Blogbeitrag Denkanstöße und Impulse.)
Bei den Projekten geht es um Fortbildungsziele und Projektbeteiligung. Im Januar oder Februar wissen diese Mitarbeiter also, was von Ihnen erwartet wird und strengen sich an, die Ziele zu erreichen. Manchmal ist damit ja auch ein Bonus verbunden.
Dann kam der März 2020 – und das Thema Zielvereinbarungen ist erst Mal zweitrangig. Ok, in Sachen Digitalisierung sind einige Projekte jetzt vermutlich überraschend schnell umgesetzt worden. Doch der Soll-Ist-Vergleich bei den quantitativen Zielen wird nicht weiterverfolgt.
Nehmen wir an, es ist 2021 und Sie führen das nächste Mitarbeiter-Jahresgespräch und schauen sich die Ergebnisse an? Und bei allem Engagement, Homeoffice und Krisenbewältigungsmaßnahmen für die Mandanten wurden einige der vereinbarten Ziele nicht erreicht. Dann können Sie noch so sehr beteuern, dass diese besonderen Umstände dazu geführt haben und der Mitarbeiter tolle Arbeit geleistet hat – ein schales Gefühl von „Nicht-Erreicht“ bleibt, wenn wir auf dieses Vorher-Nachher-Szenario schauen.
Die heutige Welt wird als VUKA-Welt bezeichnet. Das Akronym steht für Volatilität, Ungewissheit, Komplexität und Ambiguität und beschreibt das Umfeld, im dem wir uns bewegen. Jahresplanung und -ziele dagegen stammen aus einer Welt, die zumindest auf ein Jahr im Voraus relativ vorsehbar war.
Deshalb unsere Empfehlung: Stellen Sie auf Quartalsplanung um und passen Sie Ziele bei Bedarf – wie jetzt – auch radikal an. Faktisch tun Sie das auch, wenn Sie im März die Parole „Alle Konzentration auf Homeoffice regeln, KUG, Vorauszahlungen anpassen & Co.“ ausgerufen haben. Machen Sie es offiziell: Nehmen Sie Ihre Jahresplanung 2020 von Anfang des Jahres, drucken Sie sie aus (hier hilft tatsächlich mal das Haptische) und zerreißen Sie sie vor den Augen aller Mitarbeiter mit den Worten „ab jetzt fahren wir auf Sicht“ (danke Cordula für dieses geflügelte Wort bei uns im Netzwerk😉)
Und machen Sie ab jetzt eine rollierende Quartalsplanung mit 2 bis 3 Kernzielen.
Im aktuellen Podcast der Leseoptimistin habe ich mich mit Albert Eder über das Buch „Toolbox OKR“ unterhalten, in dem diese Methode propagiert wird. OKR steht für Objectives and Key Results, also Ziele und Schlüsselergebnisse und zeigt, warum agile Planung die zeitgemäße Methode ist und wie sie funktioniert.
Die Quartalsziele werden auch hier von einer langfristigen Strategie abgeleitet. Durch die Quartalsplanung kann allerdings viel schneller auf Veränderungen reagiert werden. Das dazu empfohlene Wochencontrolling halte ich persönlich für schwer umsetzbar, doch ein beispielsweise monatlicher Rhythmus, der sich auf wenige Kernziele konzentriert, bildet viel besser die Realität ab.
Und statt der jährlichen Mitarbeitergespräche gibt es kontinuierliche Feedbackgespräche. Bei der Formulierung der Ziele hilft natürlich die SMART-Regel, Cordula hat dieses Akronym in ihrem Blogbeitrag „Zielvereinbarungen für eine neue Zeit“ bereits Ende 2018 neu definiert.