Fachkräftemangel – man traut sich ja schon fast nicht mehr, das Wort auch nur in den Mund zu nehmen.
Schon der „normale“ Fachangestellte mit guten Fachkenntnissen scheint in der freien Wildbahn ausgestorben. Haben Sie noch weiter gehende Erwartungen wie Digitalisierungskenntnisse und/ oder die Bereitschaft und Fähigkeit „vor Ort“ beim Mandanten Themen wie Verfahrensdokumentation – vielleicht verbunden mit Prozessoptimierung – zu beraten …
Wenn Sie sich Ihr Team anschauen – wer ist Top – Leister bei den Ihnen wichtigen Themen? Und wo kommt dieser Mensch her? Haben Sie sie oder ihn so „fertig“ eingestellt? Glückwunsch.
Oder ist diese Person ein „Eigengewächs“. Auch Glückwunsch – Hauptsache es gibt sie oder ihn einfach.
Lassen Sie mich wissen, ob ich total falsch liege: Bei meinen Beobachtungen und Gesprächen sehe und höre ich eher davon, dass Neueinstellungen nicht – sofort – den gewünschten Effekt haben. Mit sofort meine ich natürlich nach einer angemessenen Einarbeitungszeit (in der Regel 6 Monate).
Eines der zwei besten Mittel gegen den Fachkräftemangel ist immer noch die Ausbildung in der eigenen Kanzlei – ja mühselig manchmal, aber schon mittelfristig sehr erfolgreich.
Jetzt wollen Sie natürlich das andere Mittel wissen – nein, es ist nicht ein hohes Gehalt oder verlockende Prämien – obwohl die natürlich nicht schaden.
Das beste Mittel für eine langfristige Bindung und Motivation ist: Ein guter Chef. Der häufigste Grund für Kündigungen ist tatsächlich der Vorgesetzte.
Das ist heute aber nicht mein Thema – später sicher mal wieder.
In den Kanzleien sehe ich drei Stufen von mehr oder weniger konkreter Mitarbeiterentwicklung:
Stufe 1: Fortbildung (natürlich nur steuerrechtliche) findet statt. Die Programme einschlägiger Fortbildungsinstitute werden verteilt. Die Mitarbeiter suchen sich etwas aus.
Stufe 2: Bei jährlichen Mitarbeitergesprächen wird der Mitarbeiter gefragt, wie er sich denn fortbilden möchte. Vielleicht gibt es auch schon die Möglichkeit nicht fachliche Seminare zu besuchen. Liebling des Chefs: Zeitmanagement und Prozessoptimierung, jetzt auch gerne „Digitalisierung“
Stufe 3: Hier gibt es regelmäßig neben der fachlichen Fortbildung auch Angebote für „Soft Skills“ wie Kommunikation oder „Verkauf“.
Tatsächlich ist “Fortbildung“ bei den neuen Themen, die uns gerade vor die Füße gespült werden eigentlich der falsche Ausdruck. Tatsächlich geht es hier um „Ausbildung“.
Was die drei momentan vorherrschenden Stufen der Mitarbeiterentwicklung gemeinsam haben: Die Wahl der Themen und der Mitarbeiter dafür passiert mehr oder weniger „zufällig“.
Woran das liegt? Ich weiß wir Kanzleiberater sind nervig an dieser Stelle: Es liegt daran, das die Kanzlei – also Sie – keine klare Ausrichtung hat. Das böse Wort „Strategie“ – Vision sag ich schon gar nicht – ups.
Im Ernst: Wenn Sie nicht wissen welche fachlichen und persönlichen Kompetenzen Sie in ihrer Kanzlei in Zukunft brauchen – wie soll dann die Mitarbeiterentwicklung aussehen?
Am beliebtesten ist immer noch der „Allrounder“ – kann alles, aber nichts so richtig tief.
Liebe Mitarbeiter: Das geht nicht gegen Sie! Wenn ich immer alles machen muss, wie will ich denn da an so vielen Stellen richtig in die Tiefe gehen?
Ich will nur Ihre Chefs aufrütteln 😇
Überlegen Sie sich welche Mandanten und Themen Sie in Fünf Jahren beraten wollen.
Anregungen zu diesem Thema finden Sie im Blogbeitrag von Angela Hamatschek:
„Konzentrier Dich – der Charme von Spezialisierung“
https://www.kanzleioptimisten.de/konzentrier-dich-der-charme-von-spezialisierung/
Dann wissen Sie auch welche Mitarbeiter Sie dafür brauchen.
Jetzt höre ich Sie sagen: Gute Idee – und wenn ich für diese Themen niemanden habe?
Oder Sie haben schon Mitarbeiter angesprochen und diese haben dankend abgelehnt?
Versuchen Sie es doch mal anders.
Kann man Menschen entwickeln? Sicher nicht gegen ihren Willen. Vor allem aber nicht, wenn sie nicht wissen, was „Entwicklung“ konkret heißt, wohin sie führen wird, und wie die Phrase „Wir unterstützen Ihre Entwicklung“ konkret aussieht.
Und diese „alte“ Denkweise muss auch weg: „Der Chef weiß, wem er was zutrauen kann und entscheidet daher, welcher Mitarbeiter welche Position bekommt.“
Wenn wir die berühmten selbstverantwortlichen, selbst entscheidenden Mitarbeiter haben wollen, dann müssen wir sie auch entscheiden lassen. Und zwar nicht nur die Farbe des Büroteppichs oder die Wahl zwischen Kicker und Flipper.
Wir müssen sie selbst entscheiden lassen, ob und wie sie den Rest ihres Arbeitslebens (bei uns) verbringen wollen. Dafür braucht es klare Angebote von Ihnen.
Das Zauberwort im ersten Schritt zu einem professionellen internen Recruiting heißt: Stellenbeschreibung – nennen Sie es „Jobprofil“, wenn es für Sie cooler klingt.
Wenn Sie sich hinsetzen und versuchen eine konkrete Stellenbeschreibung für einen „Digitalisierungsbeauftragten“ zusammen zu stellen, werden Sie merken, dass Ihre Vorstellungen tatsächlich vielleicht noch nicht so klar sind:
„Als Digitalisierungsbeauftragte/r sind Sie dafür verantwortlich die Digitalisierungsprojekte sowohl in der Kanzlei als auch bei Mandanten durchzuführen. Ferner sind Sie Ansprechpartner für alle digitalen Fragen.“
Selbst, wer so einen Job schon mal hatte, weiß jetzt nicht mehr als vorher. Erlauben Sie mir mal wieder zu übertreiben 😉
Eine Stellenbeschreibung, die ihren Namen verdient, beinhaltet konkrete Aufgabenstellungen – zumindest als Beispiel. Außerdem braucht es konkrete Erwartungen – was soll der Kandidat schon können, was bieten Sie an Lernmöglichkeiten an. Welche Entscheidungskompetenzen hat der Mitarbeiter auf dieser Position.
Viel Arbeit? Ja! Und womit? Mit Recht. Die Entwicklung Ihrer Mitarbeiter sollte Ihnen das Wert sein.
Und dann schreiben Sie diese Stelle aus. Intern. Am schwarzen Brett der Kanzlei (analog oder digital).
Dabei sollte Ihre Haltung sein: Ich suche einen Mitarbeiter für genau diese Position. Am liebsten ist mir einer von uns. Ich als Chef sehe mich hier als „Anbieter“.
Sie machen also „Werbung“ für diese Position – und das ist tatsächlich schwerer bei den bestehenden Mitarbeitern als bei externen.
Denn „Überverkaufen“ wird hier sofort enttarnt.
Natürlich dürfen Sie auch aktiv Mitarbeiter auffordern sich doch darauf zu bewerben, die Sie für geeignet halten.
Führen Sie so viel wie möglich „Verkaufsgespräche“ – dafür haben Sie sich vorher Gedanken über den „Nutzen“ der Position für Ihre Mitarbeiter gemacht.
Da, Sie haben es ja gewusst. Die ganze Arbeit umsonst – oder vielmehr vergebens.
Niemand will die Stelle haben.
Aus meiner Sicht sind Sie trotzdem mindestens einen Schritt weiter:
Gerade Themen wie Beratung und Digitalisierung sind „Neuland“.
Die Wahrscheinlichkeit, dass es den perfekten Kandidaten (intern oder extern) schon gibt, ist gering.
Entwickeln Sie ein 12 monatiges Trainee-Programm.
Mit einem klaren „Ausbildungsplan“ – muss ja nicht so ein altmodisches Papiermonster werden wie der von der Kammer 😉
So können Sie Ihren Mitarbeitern den Einstieg in eine Weiterentwicklung erleichtern.