Unternehmerwissen für Steuerberater & Steuerkanzleien
Das Thema Belege und wie sie vom Mandanten vollständig, korrekt und rechtzeitig in die Kanzlei kommen, ist so alt wie unser Berufsstand. Unsere Geschichte geht zwar nicht ganz bis zum Mittelalter zurück, das Thema Belege ist aus unserer Sicht an manchen Stellen trotzdem stark modernisierungsbedürftig.
Ohne Belege geht bei uns gar nichts. Der eherne Grundsatz „Keine Buchung ohne Beleg“ gilt schon immer.
Oha, wenn wir Kanzleioptimisten hören „Haben wir schon immer so gemacht!“ geht die rote Warnlampe an. Da schauen wir doch gerne mal etwas genauer hin:
Was soll das Fragezeichen in der Überschrift? Sind Angela und ich unter die Revoluzzer gegangen – sind wir jetzt quasi die „letzte Generation“ für den Steuerwandel?
Natürlich geht es nicht ohne Belege, oder? Wir formulieren das hier durchaus etwas provokant anders: Natürlich geht es nicht g a n z ohne Belege.
Aus unserer Sicht geht es um zwei Fragen:
Unser Jahresthema „smart work“ hat uns dazu gebracht, die Kanzlei vom Ergebnis her zu denken. Denn für uns bedeutet smart work, sich auf das zu fokussieren, das eine merkbare (positive) Auswirkung auf das gewünschte Ergebnis hat. Und Ergebnis ist ganz am Ende Dein Gewinn.
Bezogen auf Deine Prozesse hat jeder Prozess für sich ein eigenes Ergebnis.
Um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, brauchen wir Informationen – gerne in Form von Belegen.
Die Frage ist – welche Belege habe einen merkbaren Einfluss auf das Ergebnis?
Unsere Arbeitshypothese: Es gibt Belege mit Beträgen, deren Einfluss auf das Ergebnis „vernachlässigbar“ sind.
Nur zu Deiner Beruhigung: Natürlich ist uns bewusst, dass es da so etwas wie Umsatzsteuer gibt. Die Entscheidung, wie relevant einzelne Belege für die Vorsteuer sind, bleibt also im Moment offen. Dazu später mehr.
„Früher“ konnten und mussten wir jeden Beleg physisch in der Hand gehabt haben, ehe er verbucht werden konnte. Davon verabschieden wir uns gerade Schritt für Schritt. Jetzt sehen wir den Beleg (hoffentlich) schon nur noch auf dem Bildschirm. Bei den Ausgangsrechnungen Deiner Mandanten sehen Deine MitarbeiterInnen wahrscheinlich schon an vielen Stellen gar keine Rechnungen mehr – Stichwort: Schnittstellen. In Zukunft werden Belege aus Datensätzen bestehen – ein „Dokument“ wird es nicht mehr geben.
Da bekommt die Beleg-Relevanz aus unserer Sicht übrigens etwas Schizophrenes:
Den Tankbeleg über 75 € will ich als Sachbearbeiterin unbedingt sehen – da könnte ja noch ein privates „Snickers“ drauf sein😱. Die Ausgangsrechnung des Mandanten über 15.000 €, die laut Schnittstelle erstmals eine steuerfreie Ausfuhrlieferung sein soll, verbuche ich „ungesehen“? Arghhh!
Das Finanzamt macht es uns vor. Über die Risikoklassen und solche Regelungen wie „Belege für Haushaltsnahe Leistungen nur auf Abruf“ hat sich das Finanzamt einen Effizienzvorteil erarbeitet.
Ja, ich weiß, und Ihr könnt nachher die angeforderten Belege hinterherschicken.
Grundsätzlich ist eine unterschiedliche „Bearbeitungstiefe“ dennoch sinnvoll. Warum buchen wir häufig immer noch den kleinen Freelancer mindestens so genau wie die große Apotheke?
Mach mit Deinen Mitarbeitern einen Workshop.
Titel: „Wenn die Bp zweimal klingelt.„
Der Hintergrund: Viele unserer Mitarbeiter sind bei einer Bp nicht dabei. Sie kennen die „alte“ BP: Die Prüferin nimmt jeden Beleg in die Hand (oder schaut ihn digital an).
Kurz nachdenken bitte: Wie oft kommt bei der Bp heraus: Die Buchhaltung der Kanzlei ist unterirdisch, daher Zuschätzung?
Ich hoffe doch eher nie oder?
Was denkt die Sachbearbeiterin? „Gut, dass ich soo genau gebucht habe … mache ich weiter so.“
Zeig Deinen MitarbeiterInnen, wo die Bp wirklich hinschaut.
Und dann rede noch mal über Belegrelevanz mit ihnen.
Die Belege gehören den MandantInnen. Warum fühlen wir uns fast mehr verantwortlich als sie?
Wenn eine Mandantin keine Energie oder kein Interesse für einen Beleg aufbringt, der aus ihrer Sicht irrelevant ist, strengen wir uns doppelt an?
Die Frage ist: Was ist unsere Aufgabe?
Belege sammeln? Oder die vorhandenen Belege korrekt zu verbuchen?
Drehen wir den Grundsatz doch mal um:
„Keine Buchung ohne Beleg“ wird dann zu „Ohne Beleg keine Buchung.“
Die letzte Verantwortung für eine Aufgabe sollte grundsätzlich bei dem liegen, der die Möglichkeit hat, sie zu erledigen.
In diesem Fall ist das derjenige, der bei der „Geburt“ des Beleges dabei ist. Und das seid einfach nicht Ihr.
Natürlich darf jeder Mandant mal etwas vergessen … Ein „vergessener“ Beleg zieht eine Rückfrage nach sich. Danach gibt es e i n e Erinnerung. Dann wird der Beleg „nach Aktenlage“ verbucht im Zweifel auf „Privat“.
Und hier kommt die Umsatzsteuer ins Spiel. Da bleiben wir „sauber“ – keine Vorsteuer ohne Beleg (es sei denn der Kontoauszug mit der Telekom-Belastung …)
Definiere mit Deinen Mitarbeitenden, welche Belege bei Euch in der Kanzlei zur „1. Klasse“ gehören, also relevant u n d präsent sein sollen.
Anhand der Kriterien sollten Deine Mitarbeitenden dann in der Lage sein, selbst zu entscheiden.
Mandanten empfinden unsere Rückfragen oft als „Belegfolter“. Schon wenn die Nummer der Sachbearbeiterin im Display oder ihre Mailadresse in der Inbox erscheint, schüttet der „vergessliche“ Mandant Stresshormone aus. Muss das sein?
Auch wenn wir an Belege „glauben“ und sie lieben. Wer wären wir, wenn wir unseren Glauben anderen aufzwingen? Beleg-Fundamentalisten. Diese Rolle sollten wir gerne der Finanzverwaltung überlassen. 😉
Die Lösung: Klare Spielregeln mit Mandanten
Wenn Du dazu mehr erfahren willst, empfehlen wir Dir die Webinar-Aufzeichnung:
Störfaktor Mandant
vom 24. Juni 2021
Deine Kanzleioptimisten