18. April 2019 |
Hat die Generalisten-Kanzlei eine Zukunft? Und wenn ja wie sieht sie aus?
Die Hausarztfunktion des Generalisten ist seine große Stärke. Durch die langjährige Beziehung kennt die Kanzlei die Entwicklung, hat Höhen und Tiefen mit dem Mandanten durchlebt und genießt dadurch hohes Vertrauen. Und Unternehmer schätzen Beratung auf Augenhöhe und fühlen sich bei Kanzleien passender Größenordnung zum eigenen Unternehmen gut aufgehoben.
Die durchschnittliche Mandatszugehörigkeit in Jahren ist ein guter Indikator, um sich seines Potenzials bewusst zu werden. Diese Kennzahl ist auf Unternehmermandate und auf Einkommensteuermandate getrennt anzuwenden, um aussagekräftig zu sein. In der Regel wird der Wert bei den Unternehmermandaten höher sein. In den nächsten Jahren wird diese Kennziffer allerdings in den Kanzleien sinken, die zu wenig Zeit für Mandatsbindung aufwenden.
Die Mandanten altern mit ihrem Berater. Das hat Vor- und Nachteile. Vorteil: Je länger sie zusammenarbeiten, desto bekannter sind die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Mandats. Für die Betreuung können einzelne Beratungsbausteine nach Unternehmens- und Lebensphasen gegliedert angeboten und bereits zu Beginn des Mandats aufgezeigt werden, wie sich die Mandatsbeziehung weiterentwickelt. Unter der Marke „Beratung mit Perspektive“ könnte daraus eine Besonderheit aufgezeigt werden, die andere Kanzleien zwar intuitiv anbieten aber nicht nach außen offen kommunizieren. Hier lohnt es sich, zusätzlich zum unternehmerischen Blickwinkel auch die persönlichen Veränderungen abzubilden und zu benennen, beispielsweise so
Phase | Kennzeichen, Ausprägung |
Sturm und Drang | Existenzgründung, Expansion, Start in das Berufsleben, Firmenübernahme, Familiengründung, Vermögensaufbau |
Wachsen und Etablieren | Unternehmenswachstum, Planung, Mitarbeiterführung, Delegation, Outsourcing, Partnerschaft und Kinder, Hausbau, Soziales Engagement, Werte schaffen, Nachhaltigkeit, unternehmerische Partnerschaft, Zukauf, Kooperationen |
Veränderungen und Krisen | Notfallplanung, Absicherung, Szenario-Technik, Abbau, Trennung, finanzielle Schieflage, Verlust, Neuorientierung, neue Partnerschaft, Patchwork-Familie, Testament |
Ernten und Genießen | Unternehmensnachfolge, Verkauf, Ruhestand, Lebensträume verwirklichen, Neuorientierung, kürzer treten, Gesund altern, Erfahrung teilen |
Unter diesem Gesichtspunkt lohnt es sich bereits heute, eine Mandantenanalyse nach Altersstruktur und Mandatszugehörigkeit zu erstellen:
- Neumandant 0 bis 3 Jahre
- Gefestigtes Mandat 4 bis 7 Jahre
- Treuer Mandant über 7 Jahre
- Kanzleibegleiter Mandanten, die seit Kanzleigründung (innerhalb der ersten drei Jahre) dabei sind
In dieser Analyse werden die Mandanten nach diesem Schema kategorisiert und dann das jeweilige Alter und die Lebensphase zugeordnet. So lässt sich ein gutes Bild über die Mandatsentwicklung zeichnen. Ein individuelles Danke-Schön für die langjährigen Mandanten ist dabei ein wertvolles „Abfallprodukt“, um diesen Mandanten besondere Wertschätzung entgegen zu bringen.
Nachteil: Wenn die Mandanten mit dem Berater altern, ergibt sich früher oder später ein natürliches Ende des Mandats. Neue Mandanten, die jünger sind, fühlen sich eventuell nicht angesprochen, wenn der Altersunterschied zum Kanzleiinhaber zu groß ist. Bei Unternehmensnachfolge sucht der Junior in der Regel bewusst auch einen neuen Berater, um sich vom Senior abzunabeln. Der Beraternachwuchs in der eigenen Kanzlei ist deshalb eine wichtige Überlegung, um die Kanzlei generationenübergreifend zu positionieren.
2 Antworten
Die langjährige Mandatsbeziehung steht unter einer latenten Gefahr: Wir glauben, unsere Kunden gut zu kennen – und fragen nicht mehr wirklich nach. Eine Überlegung dazu: Wie führen Steuerberater/innen das Erstgespräch mit einem neuen gewerblichen Mandanten? Und wann haben dieselben Steuerberater/innen diese Fragen ihren langjährigen Stamm-Mandanten zum letzten Mal gestellt? Mandanten ändern sich – persönlich, geschäftlich, unternehmerisch. Ändern sich Steuerberater/innen mit?
Danke für Ihren Kommentar. Gerade die bestehenden Mandanten sollten nicht für selbstverständlich genommen werden. Deshalb ist es wichtig, immer wieder zu fragen, was die Kanzlei tun kann um die Beziehung und Zusammenarbeit aus Mandantensicht bestmöglich zu gestalten.