Wer mich kennt, weiß, dass ich ein überzeugter Nicht-Sportler bin. Wenn ich mich einer körperlichen Betätigung hingebe passiert das in entspanntem Tempo – egal ob Hundespaziergang, Segeln oder Wandern auf dem Coastal Path rund um Großbritannien. Mir geht es um das Naturerlebnis – nicht um die „zu fressenden“ Kilometer. Bewegung ist für mich Entspannung. 2 Stunden Unkraut jäten und ich bin auf Wolke 7. Und ich muss nicht schneller, höher und oder weiter kommen als alle anderen. Für die Insider – Ausatmer eben.
Die immer mal gerne genommenen Vergleiche mit Marathon oder Bergsteigen, wenn es um Leistungen in den Kanzleien geht, sind daher eigentlich nicht so mein Ding. Und wenn ich von selbsternannten „Gurus“ Sprüche höre wie: „Lebe Deinen Traum – träume nicht Dein Leben“ und Co … ist mir das gerne mal ein wenig zu „esoterisch“ – bin halt mehr der bodenständige Typ. Trotzdem ist mein Leben ziemlich „traumhaft“ 😉
Ich meine das nicht abwertend – wenn Sie der Marathontyp sind – Glückwunsch. Vielleicht sind Sie sogar der Ironman-Typ? Dann werden Sie sich alles abverlangen und sicher Erfolg haben. Ich kenn einige solche Kollegen und es macht Spaß mit Ihnen zu arbeiten – und aus den Träumen handfesten Alltag werden zu lassen.
Meine Erfahrung ist allerdings, dass ich mit meiner Sportunsucht – gibt es das Wort? Nein? Sollte es aber. – nicht alleine bin.
Übertragen auf die Kanzleien: Nicht alle Steuerberater wollen der „Disruptor“ sein und die Branche neu erfinden .. . Mit der alltäglichen Arbeit zugedröhnt wünschen sie sich zumindest im Stillen „einfach mal ein Jahr ohne große Änderungen“ (O-Ton). Und seit Corona gefühlt den normalen Kanzleibetrieb lahmlegt, ist die Sehnsucht nach einem Jahr ohne nennenswerte Bewegungen bei Mandanten und Mitarbeitern umso größer. Insbesondere nicht schon wieder die gefühlt 87. App (O-Ton!) oder die Einführung einer „großen“ Software (Dokumentenmanagementsystem, neue Eigenverwaltung, Controllingsoftware, Mandantenportal, digitales Buchen…). Oder gar der Wechsel der gesamten Kanzleisoftware zu einer anderen „Farbe“.
Aber wie es im Leben so geht: Ponyhof ist anders. Kein Wunschkonzert – auch nicht für kleine Steuerberater. Und Langeweile wird sowieso eher überschätzt.
Neulich hatte ich ein Gespräch mit einer Beraterin bzgl. Strategie. Wer unseren Blog und unsere Artikel liest, kennt unser Credo: Nach der Automation kommt (endlich) der wirkliche Schwerpunkt: Beratung. Und zwar die ganzheitlich betriebswirtschaftliche Beratung – von der die Steuerberatung ein Teil ist. So habe ich es im Studium jedenfalls gelernt – wer erinnert sich noch an G. Wöhe: Allgemeine BWL? Für Neugierige verrate ich, dass es in meinem Grundstudium die 14. Auflage war – seit 2020 gibt es die 27. – Ich schweife ab.
Meine Gesprächspartnerin ging auf Gegenkurs. Wieder O-Ton: „Ich bin schon bewusst Steuerberaterin geworden und eben nicht Unternehmensberaterin.“
Jetzt hätte ich einfach sagen können: Ja, aber das Berufsbild ändert sich gerade. „Nur“ Steuern reicht eben demnächst nicht mehr. Und das im Brustton der Überzeugung.
Aber will ich so dogmatisch sein? Muss meine Einschätzung der einzig richtige Weg sein? Auch wenn ich diese Einschätzung mit vielen anderen Kanzleiberatern aus verschiedenen Ländern teile? Hat die Mehrheit immer recht?
Und warum sich nicht zumindest mal auf eine andere Position einlassen und sie ernsthaft diskutieren? Ergebnisoffen …
Also stellen wir uns mal eine „reine Steuerberatungskanzlei“ vor. Wie heute auch wird ein Großteil der Arbeit mit allem rund um die Steuerklärungen zu tun haben – also der „Deklaratorik„. Tatsächlich ist es so, dass die meisten Menschen – auch die Unternehmer – mitnichten unbedingt ihre Buchhaltung und Erklärungen selber machen wollen.
Genau: Es geht um Sicherheit. Der Mandant weiß genau, dass er an dieser Stelle nichts weiß. Er will keinen Ärger mit dem Finanzamt, er will kurz gesagt ruhig schlafen und für die „lästige“ Steuer so wenig Zeit wie möglich aufwenden. Ist das strafbar? Ist das faul und unverschämt? Ich finde nein. Wenn ich aber manchmal Steuerberatern und ihren Mitarbeitern zuhöre … Und das tue ich ja sehr oft. Ist mal einen eigenen Blogbeitrag wert.
Also ernsthaft. Geht es nicht eine Nummer kleiner als – ich transformiere mich in einen auf eine enge Nische spezialisierten, bundesweit tätigen, betriebswirtschaftlichen Berater mit steuerlichem Migrationshintergrund?
Nach längerem Nachdenken sag ich: Ja, geht.
Eine Kanzlei kann auch mit dem Schwerpunkt „Deklaratorik“ und „Steuerberatung“ noch eine ganze Weile ihr Geld verdienen.
Das heisst aus meiner Sicht aber nicht Business as usual.
Teilweise richtig gute Steuererklärungs-Apps – auch für Steuerpflichtige, die keine Lehrer sind ;-)) – sind auf dem Markt – Taxfix, Smartsteuer und Co (keine Werbung! Keine Provision! Nur Beispiele).
Und sie finden Abnehmer. Steuerlich richtig ist nämlich tatsächlich nur die halbe Miete. Die „Usability“ und die Wertschätzung, die der Mandant empfindet, sind mit entscheidend. Stichworte: Workflow, Kommunikation, Nachvollziehbarkeit, Schnelligkeit, Unkompliziertheit.
Die meisten wollen eben zwar ein sicheres aber auch ein schickes Auto fahren – und das gibt es ja.
Stellen sie sich bitte die eine Frage: Ein Mandant gibt seine Unterlagen für seine private ESt-Erklärung ab. Was passiert dann? Zumindest, wenn die Hygeniebeschränkungen im Sommer wieder gelockert sind – Zeit genug hat der Mandant jetzt ja durch die Verlängerung der Abgabefrist.
Ich greife mal in die Mottenkiste – so habe ich diesen „Prozess“ zu Beginn meiner Tätigkeit Ende der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts kennen gelernt:
Da gab es diesen Schrank (Eiche brutal). Dort hinein kam die Akte mit den Unterlagen, nach dem ein „Aktenschwanz“ (ein flexibler Pappstreifen) mit Leim eingeklebt und mit dem Namen des Mandanten und dem Eingangsdatum beschriftet wurde. Später nahm man Post It´s – super sticky gab es noch nicht … Immer wenn man sonst nichts zu tun hatte bzw. nichts Attraktiveres, ging man an den Schrank und suchte sich ein Fällchen raus – natürlich streng nach Eingang – der Umfang der Akte oder das Sympathieranking des Mandanten spielten absolut keine Rolle. Je nach Arbeitslage und Lust konnten gut und gerne mal 4 – 6 Wochen ins Land gehen, bis die Akte das erste Mal ernsthaft angefasst wurde. Die meisten Mandanten waren es gewöhnt und „pflegeleicht“. Natürlich fanden wir es ziemlich daneben, wenn der Mandant dann die noch fehlenden Unterlagen nicht umgehend beibrachte – und ich verwende hier bewusst die Finanzamtssprache.
So, Schluss mit der Geschichtsstunde – Sie machen das heute natürlich ganz anders.
Bei Ihnen erhält der Mandant selbstverständlich eine – digitale – Empfangsbestätigung, aus der nicht nur der zuständige Sachbearbeiter mit Kontaktdaten hervorgeht, sondern auch ein voraussichtlicher Fertigstellungstermin oder doch zumindest eine Zusage, dass die Unterlagen innerhalb der nächsten zwei Wochen gesichtet werden. Nach Fertigstellung (max. 2 Wochen nach Einreichung der letzten Unterlagen) gibt es noch ein paar Tipps zur Steueroptimierung. Während des Jahres erhält Ihr Mandant auf ihn individuell zugeschnittene Newsletter in verständlicher Sprache mit entsprechenden Beratungsangeboten …
Nicht? Dann haben Sie Handlungsbedarf. Und die private ESt ist das kleinste Beispiel. Wenn Sie alle Ihre Prozesse in der Kanzlei, die mit „Steuern“ zu tun haben, auf diese Weise optimiert haben: dann sage ich Chapeau! Und glaube daran, dass Sie Ihre Mandanten eine ganze Weile binden und glücklich machen können.
Nebenbei schaffen Sie so effiziente Prozesse auch für die Kanzlei. Ein solcher Workflow lässt sich nach meiner Erfahrung am Besten mit internen „Spezialisten“ aufziehen, die nicht durch Fibu – und Lohntermine ständig unter Druck stehen.
Und um das Bild des Schusters aufzugreifen: Wenn Sie es schaffen, wie ein Maßschneider für jeden ihrer Mandanten den eigenen, passenden Leisten zu haben – dann wird er nicht mehr die „Markenschuhe“ im Schuh-Discounter kaufen, sondern bei Ihnen die hochwertige Leistung mit entsprechender Honorierung.
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